Chu Hongrui - Lao Tongli - Shen Shan

Su Bei & Cai Jianchao - Tian Dexi - Wang Yuyuan

- ReForm -

11.06.15 - 05.07.15


 

Eröffnung der Ausstellung "ReForm" am Do. 11.06.15 um 19.30 Uhr

 

Begrüßung: Claudia Grau, Kulturbürgermeisterin der Stadt Nürtingen

Einführung: Dr. Martina Köppel-Yang, Paris

Öffentliche Führungen mit Michael Gompf am 25.06.15 und 02.07.15 um 19.00 Uhr

 

Sie finden die neue Galerie des Kunstvereins in der Galgenbergstraße 9 auf der Rückseite des neuen Jobcenters auf dem Gelände der Firma Greiner GmbH.

Bitte gehen Sie in den Innenhof, dort finden Sie den Aufgang beschildert.

 


 

ReForm

 

ReForm zeigt sieben junge chinesische Künstler und Künstlerinnen (Cai Jianchao und Su Bei, Chu Hongrui, Lao Tongli, Shen Shan, Tian Dexi, Wang Yuyan), alle in den 80 er Jahren geboren, die nach einem Erststudium in China nach Frankreich ausgewandert sind, um dort weiter zu studieren oder zu arbeiten. Heute leben alle außer Lao Tongli in Frankreich.

Ihre Entscheidung, in einem anderen Land zu leben und zu arbeiten, ist vor allem von dem Wunsch, das eigene Leben zu verändern, zu reformieren, motiviert. Zeitgenössische chinesische Kunst ist seit mehr als einer Dekade ein Brennpunkt in der internationalen Szene, und Werke chinesischer Künstler erzielen Rekordpreise. Das Augenmerk der Kunstwelt richtet sich aber auf große Namen, oder aber auf die Ateliers in den kulturellen Zentren Chinas, wie Peking und Shanghai. Anders als chinesische Künstler älterer Generationen, oder ihre Kollegen, die in China geblieben sind und im Brennpunkt stehen, haben die hier vertretenen Künstler den Sprung in die Nische gewagt. Sie befinden sich in einer Randzone: sie sind noch nicht Teil der Kunstszene ihres Gastlandes und nicht mehr Teil der Kunstwelt ihres Ursprungslandes. Ihre Situation ist in vieler Hinsicht prekär. Doch gerade die Instabilität ihrer Situation birgt das Potential zur Veränderung. Dies haben die hier vertretenen Künstler verstanden und bewusst als Ausgangspunkt ihres kreativen Schaffens gewählt.

In ihren Werken ist der Aspekt des Zerbrechlichen und Prekären visuell und konzeptuell präsent. Lao Tongli zum Beispiel malt in manischer Manier die Blutgefäße seines herzkranken Vaters so als könne er ihn dadurch heilen. Die Blutgefäße werden in seinem Bild in ein vegetatives Durcheinander verformt, das Wachstum und Leben verspricht. Tian Dexi formt Objekte und Installationen aus Abfall und Fundstücken und setzt sie in ein oft prekäres Gleichgewicht, wie zum Beispiel eine Skulptur aus zwei alten Mülleimern und einer Pflanze, die auf den wackelnden Beinen eines ausgedienten Schemels steht. Chu Hongrui formt aus Baumaterial Klanginstallationen. Auch hier ist Stabilität mehr Potential als Fakt. Cao Jianchao und Su Bei formen scheinbar industriell hergestellte Bildobjekte aus im öffentlichen Raum gefundenen Haaren. Um diese zu sammeln und zu konservieren, gehen sie mit beidseitigem Klebeband auf Fang. Wang Yuyan legt einen schweren Pflasterstein in einen feinen Bambuskäfig und Shen Shan formt ihr Selbstportrait als eines der Verletztheit mit offener Wunde und Dornenkrone. Es sind gerade das Zulassen von Fragilität und die Wahl des Marginalen als Position, die ein großes poetisches Potential bergen und die diese Künstler von ihren in China verbliebenen Zeitgenossen unterscheiden. Reform bezieht sich nicht nur auf die erarbeiteten und vorgefundenen Materialien, sondern grundlegend auf die eigene Person und das persönliche Leben.

Martina Köppel-Yang

Ittlingen, den 11. Juni 2015