Art Camp // Symposium Punkt – Punkt
Art Camp // Symposium Punkt – Punkt
Kunstverein Nürtingen e.V.
28.2.- 9.3.2025
Das Art Camp „PUNKT – PUNKT“ bringt zwei Gruppen von Künstler:innen aus Ungarn und Deutschland zusammen.
Den Punkt auf der einen Seite setzt die ungarische Gruppe Bükk Art-Colony. Sie richtet seit 16 Jahren jährlich ein Art Camp aus, organisiert regelmäßig Ausstellungen und fördert aktiv Kunstvermittlung im ländlichen Donauraum.
Den Punkt auf der anderen Seite bildet das Kollektiv dots, eine aktive Künstler:innen Gruppe aus dem Großraum Stuttgart, die kollegial unterstützend Ausstellungen, Performances und Projekte plant und durchführt.
Die Verbindung zwischen diesen beiden Punkten schafft das Art Camp „Punkt-Punkt“ im Kunstverein Nürtingen. Das Art Camp ist über mehrere Tage Plattform für einen künstlerischen, grenzüberschreitenden Dialog. Die Künstler:innen arbeiten vor Ort miteinander, sie gehen mit der Sprache der Kunst in aktiven Austausch. Durch öffentliche Workshops werden Einblicke in die jeweiligen Kunstschwerpunkte gegeben.
Die Ergebnisse des Art Camps werden im öffentlichen Symposium einem interessierten Publikum in Form einer Podiumsdiskussion und Projektausstellung vorgestellt. Das Symposium wird bereichert durch geladene Gäste.
Der Kunstverein Nürtingen e. V. bildet die Schnittstelle, die sich mit dem Austausch unter Künstlergruppen über Grenzen hinweg beschäftigt. Mit der ungarischen Bükk Art Colony und dem baden-württembergischen Kollektiv dots finden zwei Donauanliegerländer zueinander, und richten besondere Aufmerksamkeit auf diese Verbindung.
Ziel ist, den Austausch und die Netzwerkbildung im Donauraum unter Künstler:innen zu fördern sowie durch Impulse Strategien für breite Kulturarbeit zu entwickeln.
Teilnehmende Künstler:innen:
Bükk Art Colony, Ungarn: Gábor Enikő, Gál Krisztián, Halmi-Horváth István
Kollektiv dots, Baden-Württemberg: Sawako Nunotani, Josephine Bonnet,Tiina Kirsi Kern
Termine/Eckdaten
Öffentliche Workshops: So 1. März bis Mo 3. März
Symposium mit Projektpräsentation: Di 4. März, 18:00 - 21:00
Ausstellung Projektpräsentation: Sa 8. März, 14:00 - 17:00, So 9. März, 14:00 - 17:00
Finanzierung des Projekts durch die Baden-Württemberg Stiftung. Perspektive Donau.
Mit freundlicher Unterstützung der Stadt Nürtingen.
Grußwort am 4. März 2025. im Kunstverein Nürtingen
Dr. Dezső B. Szabó Institutsleiter, Liszt Institut Stuttgart
Wer heute herausfinden möchte (am einfachsten geht das über ein Suchprogramm im Internet), wie viele Künstlerkolonien, Künstlergruppen, Kreativgemeinschaften, Atelierensembles und Residenzprogramme es derzeit gibt, die in jedem – geographischen oder rechtlichen – Sinne eine Künstlergemeinschaft bedeuten, wird auf eine unglaubliche Zahl stoßen. Neben der Vollauswahl an Zweigen der bildenden und angewandten Kunst findet der Browser neben wiederbelebten alten auch Gruppen und Kolonien, die sich in ihrem Status und ihrer Erhaltungsform ständig ändern oder von Kunstsammlern, Kommunen und Künstlervereinigungen neu gegründet wurden. Darunter gibt es vereinzelte Vereine und Kolonien (z. B. je nach Saison), die den Launen des Unterstützers und Betreuers unterworfen sind, deren Schicksal ungewiss ist und die gleichzeitige Anwesenheit weniger Künstler gewährleistet, oder die aus einem plötzlichen Impuls heraus gegründet wurden. Sie können geschlossen und nur durch eine Einladung zugänglich oder eben offen für Bewerbungen sein.
Aber auch heutzutage ist es in der ungarischen Kunstszene üblich, dass Künstler ihre Sommer in Künstlercamps verbringen und von einem zum nächsten reisen. Die Zahl der Institutionen, die diesem Zweck dienen, hat zugenommen, typischerweise in kleineren Städten und Dörfern, und es ist manchmal schwierig zu entscheiden, was ihr Zweck ist: fördern sie tatsächlich die Schaffung von Kunstwerken oder befriedigen sie eher die Bedürfnisse von Künstlern nach Urlaub und Entspannung? In jedem Fall entstehen an solchen Orten und Anlässen jene Werke, die dann in Form von Ausstellungen von auf verschiedene Künstlerkolonien spezialisierten Stiftungen und Institutionen präsentiert werden.
Von der spontanen Formierung, wie sie die klassisch gegründeten Künstlerkolonien charakterisierte, gibt es relativ wenig. Ihre Geschichte begann meist nicht mit dem Ziel, eine Künstlerkolonie zu gründen, sondern mit der Ansiedlung einiger Künstler am gleichen geographischen Ort und setzte sich dann im Laufe der Zeit mit der Institutionalisierung dieser Zusammenarbeit fort. Die Ansiedlung in einer Stadt oder einem Dorf bot allenfalls die Möglichkeit, sich zu treffen, dies bedeutet jedoch noch nicht die Gründung einer Kolonie. Im klassischen, aber nicht juristischen Sinn kann man als Künstlerkolonie den Standort von kolonienartig angeordneten, zum Leben und Schaffen geeigneten Ateliers in einem genau abgegrenzten Raum betrachten, in dem die Künstler durch eine gemeinsame Anschauung, kreative Art, Weltanschauung, eine in eine Richtung weisende innovative Absicht oder einen bevorzugten Stil verbunden sind. Zu betonen ist, dass die allerersten und heute klassischen Künstlerkolonien – wie Nagybánya, Szentendre oder Hódmezővásárhely – eine wichtige Rolle in der ungarischen bildenden Kunst spielten. Bei der Betrachtung der Geschichte der Künstlerkolonien wird deutlich, dass diese Institutionen entweder mit dem Aufkommen einer neuen Strömung oder eines Künstlers oder einer Künstlergruppe verbunden waren und die Entwicklung der künstlerischen Identität der jeweiligen Siedlung beinhalteten – nicht nur durch die Aufnahme und Aufnahme von Künstlern, sondern auch durch die Einrichtung von Museen und Ausstellungsräumen. All dies trägt wesentlich zur Beseitigung der Engstirnigkeit und Budapest-Zentriertheit der ungarischen Kultur bei. Die in den letzten drei Jahrzehnten ohne historischen Präzedenzfall gegründeten Künstlerkolonien waren typischerweise nicht spontan und von unten nach oben organisiert, um ein bestimmtes ästhetisches Konzept zu vertreten, das zeitgenössische Kunst definiert; und nicht als Gruppierung um einen Meister mit mächtigem Einfluss. Die neuen Künstlerkolonien scheinen wurzellos und gleichzeitig äußerst verwundbar zu sein: Sie sind auf verschiedene Förderer und finanzielle Ressourcen der staatlichen und lokalen Ämter angewiesen, und ihre Existenz wird vom Erfolg von Ausschreibungen bestimmt. Gerade deshalb fehlt ihnen eine langfristige Strategie.
Das Bükki Art Camp wurde 2008 von Erika Tizedes gegründet. Sie ist mit Unterstützung der Örökség Alapítvány im Dorf Nagyvisnyó mit etwa 1.000 Einwohnern im Gebiet des Bükki-Nationalparks tätig. Grafiker, Maler, Fotografen, Filmemacher und andere bildende Künstler können im Sommer eine Woche lang in der Künstlerkolonie arbeiten. Jedes Jahr beteiligen sich zahlreiche Menschen an der kreativen Arbeit, viele von ihnen kehren wieder zurück. Im Rahmen der Arbeit in der Künstlerkolonie entstehen Gemälde, Foto- und Grafikarbeiten sowie Installationsarbeiten.
Die meisten Teilnehmer sind junge und bekannte ungarische bildende Künstler, die ihre Karriere in den 90er Jahren begannen. Seit 2010 heißt die Künstlerkolonie ausländische Künstler willkommen, so schlossen sich hier die Künstlerinnen Ilka Habrich und Josephine Bonnet der kreativen Gemeinschaft an. Alle Teilnehmer sind von der besonderen Schönheit der Gegend, die die Künstler gerne besuchen, beeindruckt. Jedes Jahr entstehen Bilder und Installationen, die auf die Werte der Landschaft verweisen, die Besonderheiten des Dorfes reflektieren und die Bewohner der Gegend in die Kreationen einbeziehen. Der offene Geist der Künstlerkolonie, das authentische Milieu des Dorfes und der Region und die gemeinsame Inspiration sind die Kräfte, die Jahr für Jahr die Grundatmosphäre der kreativen Arbeit und ihre außergewöhnliche berufliche Produktivität bestimmen. Die Vielfalt der Genres, Techniken und Denkweisen, die Entdeckung von Wissen und die zum Wissen führenden Gedankengänge sind das gemeinsame Ziel, an dem die Künstler Jahr für Jahr gemeinsam arbeiten.
Die Organisatorin der Künstlerkolonie, Erika Tizedes, legt großen Wert auf die Bekanntmachung der Ergebnisse und die Förderung der hier stattfindenden professionellen Arbeit. Es werden regelmäßig die hier geschaffenen Kreationen, die teilnehmenden Künstler und die Fotos, die den sprudelnden Geist zum Ausdruck bringen, der sich entwickelt hat, auf beliebten Internetplattformen (z. B. Facebook, kultúra.hu) und in einigen beliebten Printmedien (z. B. Unit Magazine, Funzine Magazine, Heves Megyei Hírlap) präsentiert. Darüber hinaus wurden Artikel in zahlreichen überregionalen und regionalen Zeitungen veröffentlicht, deren Anzahl und Nachrichtenwert jedes Jahr zunimmt. Außerdem wurde ein Film über die Aktivitäten der Künstlerkolonie gedreht.
Es werden Abschluss- und Einführungsausstellungen der Werke der Künstlerkolonie organisiert, z.B. 2008 in Eger, im Ausstellungsraum des Agria Park, 2009 in Budapest, neben dem Alkotóház in Nagyvisnyó, in der Ausstellungshalle des Budapest Jazz Club. Im Herbst 2012 wurde in der Kis Zsinagóga Galéria in Eger eine Ausstellung mit Werken aus fünf Jahren mit dem Titel „Nach fünf Jahren“ organisiert. Im November 2016 wurde das IX. Eine Ausstellung der Werke der Kunstkolonie Bükki wurde in Budapest im Kunst- und Kulturzentrum K11 gezeigt, und 2017 präsentierte sich die Künstlerkolonie mit einer 10-jährigen Jubiläumsausstellung in Szentendre in der MANK-Galerie. Die Kunstkolonie Bükki hat unzählige Werte geschaffen, mit denen sie ihre Sammlung jedes Jahr erweitert.
Neben der Präsentation zeitgenössischer Kunst der Region, geht es den Initiatoren des Projektes meistens vor allem darum, Künstlern und Kuratoren die Möglichkeit zu geben, sich zu begegnen und auszutauschen. In Folge zahlreicher Begegnungen entsteht ein kulturelles Netzwerk Kunstschaffender, das einerseits Einblicke in den Kunstbetrieb ermöglichte, andererseits aber eine tatsächliche Teilhabe der Zivilgesellschaft zuließ. Während eines Kunst-Camps kommt man zu einem intensiven, kreativen Miteinander zusammen. Die Workshops Themen bilden die unterschiedlichsten künstlerischen Ansätze, Techniken und Herangehensweisen ab.
Das Kreativcamp folgt einem Konzept, das die Möglichkeit bietet, viele verschiedene Erfahrungen zu sammeln, neue Ideen, Fähigkeiten und Erkenntnisse zu gewinnen und sich selbst zu entdecken, aber auch tief in einen bestimmten Bereich ihres Interesses einzutauchen und so sowohl Breite als auch Tiefe zu bieten. All dies ergibt eine einzigartige Erfahrung, die sehr viel Spaß macht, bedeutungsvoll und wirklich unvergesslich ist. Im Vordergrund steht die Offenheit für unterschiedliche Formen der Kreativität. Entscheidend ist, dass durch die Kunst etwas sichtbar und erfahrbar gemacht wird, das auf anderen Wegen möglicherweise verborgen bleiben würde.
Seit 20 Jahren finden im Ungarischen Kulturinstitut die Künstlerbegegnungen statt. Nun, dieses Format ist weder neu, noch originell. Was unsere traditionellen Ausstellungen mit zwei Künstlerinnen auszeichnet, ist das Grundkonzept dieser Ausstellungen. Nämlich die Intention, nicht nur eine künstlerische Begegnung zu initiieren, sondern auch zur Vertiefung der internationalen Beziehungen ungarischer und deutscher Künstler beizutragen. Gerne arbeiten wir dabei auch mit Kunst-Einrichtungen, Galerien oder Kunstgruppierungen zusammen. Die Ausstellung im Liszt Institut demonstriert also in der Form von Künstlerbegegnungen die Früchte dieser Zusammenarbeit, wobei natürlich unserer Tradition, die kulturelle Vielfalt von Ungarn auch auf dem Lande aufzuzeigen eine besondere Rolle zukommt. Dementsprechend dient sie dabei nicht nur dem Austausch über die gezeigte Kunst, sondern auch als Ort der Begegnung und des interkulturellen Austausches, was auch durch die anschließende Tanzperformance unterstrichen wird.
Mentale Gesundheit und Kunst gehören eng zusammen, Kunst tut einfach gut. Kunst ist ein Heilmittel für menschliches Leiden und ein Weg, mit allen Menschen ohne geografische und sprachliche Einschränkungen zu kommunizieren. Kunst ist die gemeinsame Sprache aller Menschen. Kulturschaffende tauschen sich bei Workshops und Aktionen aus und erhalten kreative Impulse für neue Projekte. Dabei verwischen die Grenzen, gemeinsame Identität wird greifbar - für die Künstlerinnen und Künstler, aber auch für das Publikum.